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Patientensicherheit darf kein Zufall sein

Patientensicherheit darf kein Zufallsprodukt sein

Jörg F. Debatin und Claudia Dirks

Der Umgang mit Fehlern sollte eins der entscheidenden Qualitätsmerkmale aller Leistungserbringer in der Medizin sein. Natürlich passieren dort, wo Menschen arbeiten, auch Fehler. Die meisten Katastrophen mit nachhaltiger Schädigung eines Patienten beruhen jedoch auf einer Verkettung mehrerer Fehler. Um diese Katastrophen zu vermeiden, gilt es, die Fehlerhäufigkeit zu minimieren. Das gelingt nur mit einer Unternehmenskultur, die den offenen Dialog über Fehler fördert. Im Vordergrund darf dabei nicht die Schuldfrage stehen, sondern die Frage, wie ein erkannter Fehler in Zukunft verhindert werden kann. Entsprechend müssen Mitarbeiter geschult und gegenseitiges Vertrauen, als Teil des Arbeitsverhältnisses, gefördert werden.

Seit 2014 sind für Krankenhäuser Risikomanagement- und Fehlermeldesysteme durch den Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) verpflichtend vorgeschrieben. Diese sogenannten Critical Incident Reporting Systeme =CIRS mit Leben zu füllen, muss Aufgabe aller Beschäftigten eines Krankenhauses sein. Aber Sicherheit im Krankenhaus – und übrigens auch in der ambulanten Versorgung – fängt bereits einen Schritt vorher an: bei der Verfügbarkeit von Daten und Informationen über den Patienten.

Einen unverzichtbaren Dienst leistet dabei das Instrument der Digitalisierung. Die Möglichkeiten, die sich durch die Einführung digitaler Prozesse bieten, werden in Deutschland noch immer unterschätzt. Hier zu investieren, zahlt sich nicht nur in der Behandlungsqualität, sondern eben auch in der Sicherheit für die Patienten aus.

CIRS-Meldesystem

CIRS steht für Critical Incident Reporting System und ist ein Meldesystem für Fehler und Beinahe-Fehler. CIRS-Meldungen sind freiwillig, anonym und sanktionsfrei. Ziel ist es, aus Fehlern zu lernen und diese dadurch zukünftig zu vermeiden.

Medikationsfehler sind vermeidbar

Nehmen wir das Beispiel der Medikation. Ein in Deutschland an vielen Stellen noch immer fehleranfälliger Prozess, der viele Aspekte berührt, sowohl in der ambulanten, aber auch in der stationären Versorgung. Hier einen sektorübergreifenden Prozess zu etablieren, sollte uns allen ein großes Anliegen sein.

Medikationsfehler verursachen Leid und Kosten. Sie können im Extremfall zum Tod des Patienten führen. Die herausragende Bedeutung von Arzneimitteln in der Therapie ist unbestritten. Dennoch ist der Gesamtprozess der Medikation durch zahllose Medienbrüche und damit Fehlerquellengekennzeichnet.

Etwa 15 Prozent der Krankenhausaufnahmen in Deutschland gehen auf sogenannte unerwünschte Arzneimittelereignisse zurück. Auch im internationalen Vergleich sieht Deutschland damit nicht gut aus. Die Studienlage indes ist eindeutig – ein durchgängig digital-dokumentierter und nachvollziehbarer Medikationsprozess, zu dem sektorübergreifend und unter interdisziplinärer Einbindung, lässt die Fehlerquote auf unter 1 Prozent sinken. Praktiziert – bis hin zu einer Unit-Dose-Maschine –wird dies indes jedoch erst in rund 20 deutschen Kliniken.

Zum Prozess als solchen gehört nicht nur eine IT-gestützte Umwandlung der Verschreibungen des niedergelassenen Arztes auf die Hausliste des stationären Partners, sondern die Digitalisierung des gesamten Prozesses. Angefangen bei der elektronischen Patientenakte, über Arzneimittelanamnese, IT-gestützte Plausibilitätsprüfung mit Warnmeldung an den aufnehmenden Arzt, elektronische Bereitstellung der codierten Arzneien bis hin zur Dokumentation der Medikamenten-Einnahme bspw. anhand eines Barcodes durch die Pflegekraft –und später – inkl. der IT-gestützten Umwandlung der Arzneien für den einweisenden Arzt bei Entlassung des Patienten. Mit einer derart durchgängig digitalen Kette ist Patientensicherheit auf einmal keine ‚Glückssache‘ mehr.

Mit der in Deutschland ab dem 1. Januar 2022 verpflichtenden elektronischen Verordnung von Medikamenten wird diesbezüglich ein wichtiger Meilenstein erreicht. Nun geht es darum die erstmals digital vorliegenden Informationen weitergehend zu nutzen, um schädliche Wechselwirkungen und Unverträglichkeiten zu vermeiden und die Medikamentierung noch besser auf Diagnosen und Metabolismus der Patienten abzustimmen.

Die ePA wird Basis für mehr Sicherheit

Ganz zentral in diesem Zusammenhang ist auch die Einführung der elektronischen Patientenakte. Durch sie bekommt der Patient Informationen an die Hand, die Ärzte an jeder Stelle der Behandlung unterstützen können.

In der ePA enthalten sind Informationen über bestehende Diagnosen, aktuelle Medikation, bestehende Allergien und sonstige Besonderheiten eines Patienten. Dieses Dokument wird jeden Erstkontakt eines Arztes oder Pflegenden mit einem neuen Patienten, egal ob ambulant oderstationär, deutlich vereinfachen.

Ganz wichtig wird sicherlich auch der ärztliche Entlassungsbrief nach einem stationären Krankenhausaufenthalt – am Tag der Entlassung. Damit würden die derzeit noch bestehenden Informations-Defizite beider Überwindung der Sektorengrenzen vom Krankenhaus zum Hausarzt oder zur Reha drastisch reduziert.

Die Zukunft

Digitale Technologien können die Sicherheit für die Patienten deutlich erhöhen.

Auch deshalb sollten wir Alles unternehmen, um diese Technologien als festen Bestandteil in der Gesundheitsversorgung der Menschen zu verankern.


Dieser Beitrag ist ein Auszug aus dem Buch "Risiko- und Sicherheitskultur im Gesundheitswesen" herausgegeben von Ruth Hecker. Alle Informationen zum Titel erhalten Sie hier.


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