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Benchmarking in Krankenhäusern

Benchmarking

ROBERT OTT

Wie im letzten Kapitel beschrieben können anhand von systematischen Vergleichen Schwachstellen analysiert und Optimierungspotenziale erhoben werden. Dies nennt man Benchmarking. Nach Camp (1994, S. 13) handelt es sich beim Benchmarking

„… um die kontinuierliche Suche nach Lösungen, die auf den besten Methoden und Verfahren, den ‚Best Practice‘, basieren und ein Unternehmen zu Spitzenleistungen führen.“

Mit dem Benchmarking sollen somit nicht nur neue Ziele vorgegeben, sondern auch Praktiken abgeleitet werden, um die Leistungslücke zum Branchenbesten zu schließen. Je größer daher das nutzbare Lernpotenzial, desto erfolgreicher fällt das Benchmarking aus. Daran wird deutlich, dass der Auswahl eines geeigneten Benchmarking-Partners eine entscheidende Bedeutung zukommt. Benchmarking spielt im Krankenhausmarkt in drei Handlungsfeldern eine wesentliche Rolle (Güssow in Ott u. Maier 2020, S. 188):

  1. Krankenhäuser organisieren sich zunehmend in realen und virtuellen Unternehmensverbünden. Ziel dieser Verbünde ist es, neben der Hebung von Synergieeffekten häufig auch, sich über geeignete, miteinander vereinbarte Kennzahlen zu vergleichen, um voneinander zu lernen.
  2. Seit Einführung der DRGs erhalten Krankenhäuser für ihre Leistungen pauschale Entgelte. Die Preise werden vom Institut für das Entgeltsystem im Krankenhaus (InEK) ermittelt und nach Kostenarten und Bereichen dargestellt. Krankenhäuser vergleichen ihre Kostenbestandteile mit den Refinanzierungstabellen des InEK.
  3. Krankenhäuser kontieren nach der Krankenhausbuchführungsverordnung (KHBV) und stellen nach den Regeln des HGB einen Jahresabschluss auf. Auf dieser Grundlage lassen sich für Krankenhäuser Bilanzkennzahlen ermitteln. Daraus lassen sich Erkenntnisse über die Finanzierung, die Flexibilität (bei rückläufigem Geschäft), die Bonität (Kreditwürdigkeit) oder die finanzielle Stabilität eines Unternehmens gewinnen.

Die Benchmarking-Kennzahlen zum ersten Punkt, sind sehr individuell und sollen an dieser Stelle nicht weiter ausgeführt werden, da dies weniger in den Rechnungswesen- als in den Controlling-Bereich fällt (siehe hierzu z.B. Ott u. Maier 2020, S. 119ff.). Eine Analyse des Jahresabschlusses nach KHBV anhand von Kennzahlen wird in Kapitel II.5 dieses Buches näher beschrieben. An dieser Stelle wird demnach, nach einer kurzen Einführung in die Methodik des Benchmarkings, näher auf den zweiten Punkt, also des Kostenvergleichs anhand der InEK-Matrix, eingegangen.

Die erste Frage, die beim Benchmarking beantwortet werden muss, ist, welches Objekt „gebenchmarkt“ werden soll. Dies können Kennzahlen im Rahmen von Prozessen (z.B. Zeit- oder Qualitätsmerkmale), Produkten (z.B. Kosten- oder Erlösdaten) oder Methoden (z.B. Produktivitätskennzahlen) sein. Die zweite Frage beinhaltet, mit wem man sich vergleichen möchte. Hier wird zwischen internem Benchmarking, d.h. Vergleiche innerhalb des eigenen Unternehmens (z.B. zwischen verschiedenen Abteilungen oder Standorten hinweg), und externem Benchmarking unterschieden. Bei letzterem sollte man den oder die Vergleichspartner sorgfältig auswählen: Zum einen muss die Diskrepanz in der Leistung zwischen dem Vergleichsobjekt und dem eigenen Unternehmen sinnvoll sein. Ist der Unterschied in der Performance zu niedrig, bringt ein Benchmarking nicht den gewünschten Verbesserungssprung. Ist der Unterschied hingegen zu groß, besteht die Gefahr einer Überforderung der eigenen Organisation und eines Scheiterns des Projektes. Zum anderen müssen die Daten für einen Vergleich grundsätzlich ermittelbar sein. Dies kann durch einen erwähnten Zusammenschluss in Verbünde gelingen, den Einsatz von Beratungsunternehmen oder der Verwendung von frei zugänglichen Daten. Eine mögliche direkte Ansprache des Vergleichspartners gelingt umso eher, je weniger dieser in direktem Wettbewerb steht (z.B. kann ein Krankenhaus seine OP-Prozesse mit denen einer Abfertigung von Flugzeugen vergleichen oder seine Versorgungsprozesse mit denen von größeren Hotels).

Der Benchmarking-Prozess lässt sich in drei Hauptphasen unterteilen (Weber u. Schäffer 2020, S. 386): In der Vorbereitungsphase werden, wie oben beschrieben, das Benchmarking-Objekt, die relevanten Kennzahlen zur Leistungsbeurteilung und der Benchmarking-Partner festgelegt, des Weiteren das Benchmarking-Team bzw. -Vorgehen. In der Analysephase werden mögliche Informationsquellen beschafft und analysiert, die Lücken des eigenen Unternehmens zum Benchmarking-Partner im Hinblick auf die Kennzahlen ermittelt und versucht, die Ursachen hierfür zu ergründen. Anschließend erfolgt die Kommunikation der Ergebnissedurch das Benchmarking-Team u.a. an den Vorstand des Unternehmens, um dasweitere Vorgehen abzustimmen. In der abschließenden Umsetzungsphase werdendie Ziele und Strategien zur Beseitigung der analysierten Lücke sowie konkreteAktionspläne zur Umsetzung festgelegt und schließlich realisiert; zum Abschlussdes Benchmarking-Prozesses wird der Umsetzungsprozess kontrolliert.

Wie bereits weiter oben erwähnt, soll an dieser Stelle beispielhaft ein Kostenbenchmarking anhand von InEK-Daten einer DRG kurz dargestellt werden. Die Zusammensetzung und die Erstellung der InEK-Kostenmatrix wurde bereits in Kapitel III.4.3 thematisiert; als Endergebnis können nun je DRG die Kostendaten in 13 aggregierten Kostenstellengruppen in den Zeilen und 11 aggregierten Kostenartengruppen in den Spalten abgerufen werden. Im vorgestellten beispielhaften Benchmarkingprozess lässt sich die Vorbereitungsphase verkürzt wie folgt darstellen:

  • Benchmarking-Objekt: eine bestimmte DRG bzw. mehrere DRGs zusammengefasst
  • Kennzahlen zur Leistungsbeurteilung: Kostendaten je Kostenstelle/Kostenart
  • Benchmarking-Partner: alle DRG-Kalkulationshäuser (Durchschnitt)
  • Benchmarking-Team: Controlling-Abteilung.

In der Analysephase geht die Beschaffung der Informationen in diesem Fall sehr einfach, da diese öffentlich zugänglich sind, z.B. über den InEK-Browser. Die Feststellung der Lücken des eigenen Unternehmens zum Benchmarking-Partner erfolgt an dieser Stelle durch eine einfache Differenz der Kostenmatrix des eigenen Krankenhauses mit der InEK-Matrix der betreffenden DRG (bzw. des DRG-Mixes). Dies soll anhand der Kostenmatrix der DRG I44C „Bestimmte Endoprotheseneingriffe am Kniegelenk ohne äußerst schwere CC, ohne bestimmten Wechsel von Endoprothesen oder Prothesenkomponenten, ohne Implantation einer patientenindividuell angefertigten Endoprothese am Kniegelenk“ dargestellt werden. Aus dem InEK-Browserer geben sich die Kostendaten in Tabelle 1.

Tab. 1 InEK-Kostenmatrix der DRG I44C (Daten aus dem InEK-Browser 2022)

Beispielhaft ergeben sich für die DRG I44C für eine Klinik die Kostendaten in Tabelle 2.

Tab. 2 Beispielhafte Kostenmatrix eines Krankenhauses der DRG I44C

Eine Differenz der Kostendaten der beiden Matrizen (Kostenmatrix Krankenhaus abzüglich Werte der InEK-Kostenmatrix) ergibt die Werte in Tabelle 3.

Tab. 3 Kostendifferenzen bei der DRG I44C zwischen einem beispielhaften Krankenhaus und der InEK-Matrix

Insgesamt sind die Kosten des Hauses um 415,50 € höher als die InEK-Kosten. Bei einer genaueren Analyse kann festgestellt werden, dass bei den Kostenartengruppen die größte Abweichung bei den Personalkosten des Ärztlichen Dienstes zu verzeichnen sind, gefolgt von den Sachkosten der Implantate/Transplantate. Da vermutlich der Tarifvertrag des Hauses keine vergleichsweise exorbitant höheren Gehälter zulässt, müsste diese Abweichung auf einen höheren Personaleinsatz und/oder z.B. dem vermehrten (und damit teureren) Einsatz von Oberärzten statt Assistenzärzten, v.a. auf der Normalstation, dem OP-Bereich und der Anästhesie, zurückzuführen sein. Evtl. sind auch die Schlüsselungsmethoden des Personaleinsatzes auf die Kostenstellen nicht richtig erfolgt. Hier müssten Gespräche mit den Ärzten geführt werden, woher diese Differenz kommt und wie ggf. bei der Einsatzplanung optimiert werden kann. Bei den Sachkosten der Implantate müsste mit dem Einkauf und den Operateuren besprochen werden, ob günstiger eingekauft werden könnte, z.B. durch Mengenbündelung oder Wechsel des Anbieters. Auch bei den Sachkosten des übrigen medizinischen Bedarfs der Leistungen durch Dritte liegen die Kosten vergleichsweise zu hoch. Als positiv ist einzustufen, dass die Kosten bei den Kostenartengruppen die medizinische und nicht medizinische Infrastruktur betreffend günstiger als im Vergleichsmaßstab sind. Diese Entwicklung ist weiter zu verfolgen. Bei den Kostenstellengruppen stechen v.a. der OP-Bereich und die Anästhesie negativ hervor, hier sollten wie erwähnt Gespräche mit den Verantwortlichen in Bezug auf die Ursachen und mögliche Maßnahmen gesucht werden; dies stellt dann die letzte Phase des Benchmarking-Prozesses, die Umsetzungsphase, dar.

Dieser Beitrag ist ein Auszug aus der Neuauflage "Rechnungswesen im Krankenhaus" herausgegeben von Thomas Gruber und Robert Ott. Alle Informationen zum Titel erhalten Sie hier.


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