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Nachhaltigkeit im Qualitätsmanagement

Nachhaltigkeit als Bestandteil des Qualitätsmanagements in Arztpraxen

Christina Hecker und Susanne Saha

Das Gesundheitssystem verursacht mehr als 5% der gesamten Treibhausgasemissionen weltweit. 2021 beschloss daher der Deutsche Ärztetag, dass Klimaneutralität im Gesundheitssektor bis 2030 umzusetzen sei (Bundesärztekammer 2021). Das Qualitätsmanagement (QM) ist ein bereits bestehendes Instrument, das Praxen bei der Umsetzung dieses Beschlusses unterstützen kann. Darüber hinaus müssen QM-Systeme um ein Nachhaltigkeitsmanagement (NM) erweitert werden, das ökologische und soziale Aspekte berücksichtigt.


1. Qualitätsmanagement in bisheriger Form

QM fokussiert sich primär auf die Sicherstellung von Qualität und Effizienz in den Abläufen einer Praxis. Ziele sind z.B. die Vermeidung von Fehlern, eine optimierte Einarbeitung neuer Teammitglieder durch standardisierte Dokumentation, die Verbesserung der Gesamtleistung und die optimierte Versorgung von Patient:innen (Amon et al. 2000). Seit 2004 sind alle an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmenden Ärzt:innen, Psychotherapeut:innen und MVZs verpflichtet, QM zu implementieren und kontinuierlich weiterzuentwickeln (Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses 2023). 


2. Ziele des Nachhaltigkeitsmanagements

Das NM soll den ökologischen Fußabdruck der Praxis vermindern, indem Ressourcen effizienter genutzt, Abfälle reduziert und andere Umweltauswirkungen der Praxis minimiert werden. Als Co-Benefit ergeben sich langfristig Kosteneinsparungen. Bestes Beispiel ist der Bereich Digitalisierung: Durch gezielte Maßnahmen in diesem Bereich lassen sich nicht nur Platz und Arbeitszeit sparen, sondern auch der Papierverbrauch erheblich reduzieren.

Darüber hinaus berücksichtigt NM die wachsende Erwartung der Gesellschaft an Gesundheitsberufe, sich umweltbewusst und ethisch verantwortungsvoll zu verhalten. Das Gesundheitssystem kann hier eine Vorbildfunktion wahrnehmen. Für Umweltfragen sensibilisierte Patient:innen und Mitarbeitende bevorzugen Einrichtungen, die aktiv Maßnahmen zur Nachhaltigkeit ergreifen. Dies kann sich positiv auf das Image der Praxis auswirken, die Bindung von Patient:innen stärken und die Zufriedenheit von Fachkräften steigern.

Das NM orientiert sich an standardisierten Strukturen des QM-Handbuchs. Es umfasst Checklisten, Formblätter und Prozessbeschreibungen, die sowohl in digitaler als auch in gedruckter Form verfügbar sein sollten, um die Zugänglichkeit in Krisensituationen sicherzustellen. Diese Werkzeuge ermöglichen es, sich z.B. an Hitzeereignisse anzupassen oder auf Notfallsituationen wie Wasserschäden oder Stromausfälle vorzubereiten. Darüber hinaus unterstützen sie nachhaltige Beschaffung sowie Optimierung von Ressourcenverbrauch oder Mobilität. Strategien zur Resilienzbildung beinhalten außerdem die Erstellung von Kommunikationskanälen, die Optimierung von Teamsitzungen etc.

Um Kräfte zu bündeln und klare Strukturen zu schaffen, empfiehlt sich die Ausbildung eines Teammitglieds zum:zur Praxis-Klimamanager:in. Diese:r erarbeitet und dokumentiert nachhaltige Maßnahmen, entwickelt diese weiter und schult das Team, wodurch die Führungskräfte entlastet werden. Als Klimamanager:in kann jedes geeignete Teammitglied fungieren. Ziele und Wege des NM sollten frühzeitig mit dem gesamten Team besprochen werden, um von einer gemeinsamen Basis zu starten. In der Regel ist es sinnvoll, zuerst Maßnahmen mit großen Einspareffekten in Angriff zu nehmen, um die Motivation zu stärken. 


„Werkzeuge“ des Nachhaltigkeitsmanagements

  • Checklisten: Notfall-, Krisen- und Hitzeschutzpläne
  • Formblätter: Listen von Praxisnetzwerken, Krankenhäusern, Notdiensten und Zulieferern, Merkmale vulnerabler Patientengruppen
  • Prozessbeschreibungen: Handlungsanweisungen zur Umsetzung nachhaltiger Maßnahmen sowie Vorgehen in Problemsituationen


3. Konkrete Umsetzung

Folgende Schritte sind zur Einführung des NM erforderlich:

  • Risikoanalyse: Identifikation vulnerabler Patientengruppen, Einschätzung klimabedingter, regional abhängiger Gefahren wie z.B. Hochwasserschäden
  • Analyse von Nachhaltigkeitsaspekten: Handlungsfelder wie z.B. Mobilität, Energienutzung, Beschaffung, Digitalisierung
  • Festlegung von Qualitätszielen: nachhaltige Mobilität, Energieeinsparung, nachhaltiges Beschaffungs- und Abfallmanagement, Erstellung von Notfallplänen, Patienteninformation
  • Trainings- und Weiterbildungsmaterialien wie Erste-Hilfe-Maßnahmen bei extremer Hitze oder Hygienemanagement unter Berücksichtigung von Nachhaltigkeitsaspekten
  • Entwicklung von Kommunikationskanälen zur Sicherstellung des Informationsaustauschs in Krisensituationen mit Patient:innen, Polizei, Feuerwehr, Krankenhäusern und anderen Praxen
  • Kontinuitätssicherung: regelmäßige Überprüfung und Anpassung implementierter NM-Maßnahmen durch eine:n Klimamanager:in (AGN-ZukunftsAkademie).

Hilfestellung bieten detaillierte QM-Vorlagen auf der Plattform der Arbeitsgemeinschaft Nachhaltigkeit in der Dermatologie e.V. (AGN), welche kostenlos zur individuellen Nutzung heruntergeladen und angepasst werden können (AGN 2024). 

Das aqua-institut.de bietet seit Mai 2023 ein mit evidenzbasierten Indikatoren und speziell für Praxen entwickeltes Nachhaltigkeitssiegel an. Mehr Infos unterhttps://www.aqua-institut.de/produkte-dienstleistungen/qualitaetssiegel-nachhaltige-praxis/nachhaltige-praxis

4. Fazit

Die Einführung des NM erleichtert Praxen die Transformation zur grünen Praxis (s. Abb. 1). Arbeitsanweisungen für nachhaltiges Abfall-, Energie- oder Einkaufsmanagement tragen zur Einsparung von Ressourcen, Arbeitszeit und finanziellen Mitteln bei. Das Bewusstsein und die kontinuierliche Weiterbildung des Teams sind wichtige Elemente der umweltbewussten Praxisführung.

Darüber hinaus kann die Ausbildung eines Teammitglieds zum:zur Klimamanager:in, welche hauptverantwortlich nachhaltige Maßnahmen begleitet und überprüft, hilfreich sein. Die Reduktion von Treibhausgasemissionen in ambulanten Einrichtungen ist essenziell, um die Zukunftsfähigkeit des Gesundheitssektors zu gewährleisten. NM sollte daher gesetzlich vorgeschriebener Bestandteil eines jeden QM werden.


Das Wichtigste in Kürze

  • Nachhaltigkeitsmanagement ebnet den Weg zur grünen Praxis.
  • Die Ausbildung von Mitarbeiter:innen zu Klimamanager:innen erleichtert die Implementierung des Nachhaltigkeitsmanagements.
  • Nachhaltigkeitsmanagement führt zur Einsparung von Ressourcen, Arbeitszeit und Kosten.


Dieser Beitrag ist ein Auszug aus "Die grüne Arztpraxis - Gesundheit, Nachhaltigkeit und Mitgestaltung der ökologischen Wende" herausgegeben von Dr. Friederike von Gierke, Dr. Gudula Keller und Nikolaus MezgerAlle Informationen zum Titel erhalten Sie hier.


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