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Ambulante Versorgung in Arztpraxen

Organisation und Finanzierung der ambulanten Versorgung in Arztpraxen

Guntram Fischer

Die ambulante Versorgung der gesetzlich krankenversicherten Bevölkerung in Deutschland wird über die Kassenärztlichen Vereinigungen (KV) organisiert und muss über diese auch sichergestellt werden.


1. Sicherstellungsauftrag

Als Sicherstellungsauftrag nach § 72 SGB V bezeichnet man in Deutschland den staatlich erteilten Auftrag, die Versorgung der Bevölkerung mit Haus- und Fachärzten, mit Zahnärzten, Psychotherapeuten oder medizinischen Versorgungszentren und einem ärztlichen und zahnärztlichen Notdienst im Rahmender gesetzlichen Krankenversicherung zu gewährleisten:

Die vertragsärztliche beziehungsweise vertragszahnärztliche Versorgung ist im Rahmen der gesetzlichen Vorschriften und der Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses durch schriftliche Verträge der Kassen(zahn‑)ärztlichen Vereinigungen mit den Verbänden der Krankenkassen so zu regeln, dass eine ausreichende, zweckmäßige und wirtschaftliche Versorgung der Versicherten gemäß § 12 (SGB V) unter Berücksichtigung des allgemein anerkannten Standes der medizinischen Erkenntnisse gewährleistet ist und die ärztlichen Leistungen angemessen vergütet werden. Grundlage dieses Sicherstellungsauftrages der Kassenärztlichen Vereinigungen sind damit die sozialrechtlichen Regelungen im SGB V und deren Umsetzung durch die Vorgaben des Gemeinsamen Bundesausschusses und insbesondere die Bedarfsplanung.

2. Kassenärztliche Vereinigungen

Die Kassenärztliche Vereinigungen (KV) sind in Deutschland gemäß § 77 Abs. 5 SGB V Körperschaften des öffentlichen Rechts (KdöR), denen alle Vertragsärzte und Vertragspsychotherapeuten (als „Zwangsmitglieder“) angehören. Sie haben den staatlichen Auftrag, die vertragsärztliche Versorgung der Versicherten der Gesetzlichen Krankenversicherungen gemäß den sozialgesetzlichen Vorgaben des SGB V zu organisieren. Parallel dazu existieren die Kassenzahnärztlichen Vereinigungen (KZV), denen die Vertragszahnärzte angehören. Es gibt in Deutschland 17 kassenärztliche Vereinigungen entsprechend den Bundesländern, mit Ausnahme von Nordrhein-Westfalen, das in die Zuständigkeitsgebiete der KV Nordrhein und der KV Westfalen-Lippe unterteilt ist. Ebenso sind die Kassenzahnärztlichen Vereinigungen organisiert. Auf Bundesebene bestehen gemäß § 77 Abs. 4 SGB V eine Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) und analog eine Kassenzahnärztliche Bundesvereinigung (KZBV) als oberste Beschlussgremien, insbesondere für den Abschluss von Bundesmantelverträgen mit den Krankenkassenverbänden. Die vereinbarten Vertragsinhalte sind jeweils für alle Vertragsärzte und -Zahnärzte bindend. 

Die Dachorganisationen (KBV/KZBV) unterstehen gemäß § 78 Abs. 1 SGB V der Rechtsaufsicht (allerdings nicht der Fachaufsicht) des Bundesgesundheitsministeriums, die Landesorganisationen (als KVen/KZVen) der Aufsicht der für ihren räumlichen Bereich zuständigen Landesgesundheitsministerien beziehungsweise Landessozialministerien.

Aufgaben der Kassen(zahn-)ärztlichen Vereinigungen

  • Sicherstellungsauftrag: Der Sicherstellungsauftrag nach § 72 SGB V bezeichnet in Deutschland den staatlich erteilten Auftrag, die Versorgung der Bevölkerung mit Haus- und Fachärzten, mit Zahnärzten, Psychotherapeuten oder medizinischen Versorgungszentren und einem ärztlichen und zahnärztlichen Notdienst im Rahmen der gesetzlichen Krankenversicherung zu gewährleisten. Die vertragsärztliche beziehungsweise vertragszahnärztliche Versorgung ist im Rahmen der gesetzlichen Vorschriften und der Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses so zu regeln, dass eine ausreichende, zweckmäßige und wirtschaftliche Versorgung der Versicherten gemäß § 12 (SGB V = Wirtschaftlichkeitsgebot) unter Berücksichtigung des allgemein anerkannten Standes der medizinischen Erkenntnisse gewährleistet ist und die ärztlichen Leistungen angemessen vergütet werden. 
  • Terminservicestellen: Erweitert wurde der Sicherstellungsauftrag durch die verpflichtende Einführung von Terminservicestellen im § 75 SGB V. Die Terminservicestellen haben nun eine weitgehende koordinierende Funktion, indem sie den Versicherten innerhalb einer Woche einen Behandlungsterminvermitteln, bei der Suche nach einem Hausarzt und bei der Suche nach einem Angebot zur Versorgung mit telemedizinischen Leistungen unterstützen und in Akutfällen eine unmittelbare ärztliche Versorgung in der medizinisch gebotenen Versorgungsebene (ggf. auch inForm einer telefonischen ärztlichen Konsultation) vermitteln.
  • Übergang des Sicherstellungsauftrages: Der Übergang des Sicherstellungsauftragesauf die Krankenkassen ist in § 72a SGB V geregelt:

Haben mehr als 50 vom Hundert aller in einem Zulassungsbezirk oder einem regionalen Planungsbereich niedergelassenen Vertragsärzte auf ihre Zulassung nach§ 95b Abs. 1 verzichtet oder die vertragsärztliche Versorgung verweigert und hat die Aufsichtsbehörde nach Anhörung der Landesverbände der Krankenkassen, der Ersatzkassen und der Kassenärztlichen Vereinigung festgestellt, dass dadurch die vertragsärztliche Versorgung nicht mehr sichergestellt ist, erfüllen insoweit die Krankenkassen und ihre Verbände den Sicherstellungsauftrag.

  • Gewährleistungspflicht: Die Krankenkassen und die Kassenärztlichen Vereinigungen haben gemeinsam die Aufgabe, die Wirtschaftlichkeit der vertragsärztlichen Versorgung durch Beratungen und Prüfungen zu überwachen. Diese sog. Beratungsaufgabe mit Abrechnungs- und Wirtschaftlichkeitsprüfung findet sich im § 106ff. SGB V. Etwas ambivalent wird die Aufgabe der Kassenärztlichen Vereinigungen und der Kassenärztlichen Bundesvereinigung in § 75 SGB V definiert, da diese einerseits als Interessenvertretung gegenüber Krankenkassen die Rechte der Vertragsärzte gegenüber den Krankenkassen wahrnehmen sollen und andererseits die Erfüllung der den Vertragsärzten obliegenden Pflichten zu überwachen haben und die Vertragsärzte, soweit notwendig, unter Anwendung der in § 81 Abs. 5 vorgesehenen Maßnahmen zur Erfüllung dieser Pflichten anhalten müssen (Überwachungspflicht).
  • Ebenso haben die KVen und die KBV in der gemeinsamen Selbstverwaltung mitzuarbeiten.


3. Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung

Der Zulassung zur vertragsärztlichen Versorgung geht ein zweistufiges Verfahren voraus:

  • Die erste Stufe beinhaltet die Eintragung in das Arztregister, für welche die ärztliche Approbation und eine abgeschlossene allgemeinmedizinische Ausbildung oder Facharztweiterbildung nachgewiesen werden müssen.
  • In der zweiten Stufe erfolgt der Antrag an den Zulassungsausschuss (§ 96SGB V), welcher aufgrund der persönlichen Eignung des Bewerbers und unter der Berücksichtigung der arztgruppenspezifischen Bedarfsplanung über die Erteilung einer Niederlassung zu entscheiden hat.

Die über den Zulassungsausschuss zugelassenen Vertragsärzte teilen sich in folgende Untergruppen auf:

  • Hausärzte (Fachärzte für Allgemeinmedizin, hausärztliche Internisten und praktische Ärzte), wobei die hausärztliche Versorgung die Diagnostik und Therapie bei Kenntnis des häuslichen und familiären Umfelds umfasst. Ebenso die Koordination von Diagnostik, Therapie und Pflege, sowie die Dokumentation, insbesondere Zusammenführung wesentlicher Behandlungsdaten aus ambulanter und stationärer Versorgung. Zum hausärztlichen Versorgungsauftrag gehören auch präventive und rehabilitative Maßnahmen, die Integration nicht-ärztlicher Hilfen und flankierender Dienste in die Behandlungsmaßnahmen. Damit fungieren die Hausärzte als „Lotse im System“ fungiert. 
  • Die Fachärzte der anderen Fachrichtungen (Anästhesie, Augenheilkunde, Chirurgie und Orthopädie, Fachinternisten, Frauenheilkunde, Dermatologie/Hautärzte, HNO-Ärzte/Hals-Nasen-Ohren Heilkunde, Humangenetik, Kinder- und Jugendpsychiatrie, Kinder- und Jugendmedizin, Labormedizin, Neurochirurgie, Nervenheilkunde/Neurologie, Nuklearmedizin, Pathologie, Physikalische und Rehabilitative Medizin, Psychotherapie, Radiologie/Bildgebende Verfahren, Strahlentherapie, Transfusionsmedizin, Urologie) haben sich auf ihre fachärztlichen Bereiche zu konzentrieren.
  • Zahnärzte und Kieferorthopäden werden als eine besondere ärztliche Berufsgruppe definiert. 

Eine Übersicht der Kassenärztlichen Bundesvereinigung zeigt die Verteilung der Ärzte auf die Tätigkeitbereiche in Tabelle 10.


4. Bedarfsplanung

Mit der Bedarfsplanung, welche die Verhältniszahlen (Arzt/Einwohner) definiert, soll die Zulassung zur vertragsärztlichen Tätigkeit nach einem bedarfsgerechten Versorgungsgrad erfolgen und eine Über‑, Fehl- oder Unterversorgung verhindert werden. So fließen in die jährlich mehrfach aktualisierte Bedarfsplanung im Zuständigkeitsbereich der Kassenärztlichen Vereinigungen unter anderem Daten zur Ärzteschaft (z.B. Altersstruktur, Praxisstruktur) und den Versicherten (z.B. Altersstruktur, Inanspruchnahme/Nachfrageverhalten) ein.

Die Rechtsgrundlagen für die Bedarfsplanung sind im SGB V (§ § 99–105 SGB V), in der Ärzte-Zulassungsverordnung und der Bedarfsplanungsrichtlinie des gemeinsamen Bundesausschusses zu finden. Der Bedarfsplan wird durch die regional zuständige Kassenärztliche Vereinigung im Einvernehmen mit den Landesverbänden der Krankenkassen und im Benehmen mit den zuständigen Landesbehörden erstellt.

Versorgungsebenen in der Bedarfsplanung

Die Bedarfsplanungsbereiche unterscheiden sich in ihrer Größe nach Arztgruppen. So orientiert sich die hausärztliche/allgemeinmedizinische Versorgung an den 838 als Mittelbereichen/Raumschaften definierten räumlichen Ebenen des Bundesinstituts für Bau‑, Stadt- und Raumforschung (BBSR), meist Gemeindeverbände und Einheitsgemeinden. Die Hausärztliche Versorgung wird somit eher kleinräumig beplant.

Die allgemeine fachärztliche Versorgung spielt sich auf den 361 (Land‑)Kreisebenen und 6 unterschiedlichen Regionstypen ab. Unter diese allgemeine fachärztliche Versorgung fallen Augenärzte, Chirurgen, Frauenärzte, HNO, Hautärzte, Nervenärzte, Psychotherapeuten, Orthopäden, Urologen und Kinderärzte. Großräumiger sind die 97 Bedarfsplanungsbereiche für die spezialisierte fachärztliche Versorgung, welche sich an Raumordnungsregionen orientiert, die sich über Landkreisgrenzen hinaus ausdehnen können. In den Raumordnungsregionen werden die Anzahl der Niederlassungsmöglichkeiten von Fachinternisten, Anästhesisten, Radiologen, Kinder- und Jugendpsychiater definiert. Der räumlich betrachtet größte Bedarfsplanungsbereich betrifft die gesonderte fachärztliche Versorgung, welche die Gebiete der 17 Kassenärztlichen Vereinigungen betrachtet. Hier greift die Bedarfsplanung für die Fachbereiche Physikalische und rehabilitative Medizin (PRM), Nuklearmedizin, Strahlentherapie, Neurochirurgie, Humangenetik, Labormedizin, Pathologie und Transfusionsmedizin.

Bedarfsplanung: Die wichtigsten Fakten

  • Ziel der Bedarfsplanung ist es, eine bedarfsgerechte ambulante Versorgung der Bevölkerung mit Ärzten aller 16 Fachrichtungen sicherzustellen. Durch die Versorgungsebenen soll die gleichmäßige Verteilung erreicht und eine Über-, Fehl- oder Unterversorgung verhindert wer-den.
  • Verhältniszahlen wie in Tabelle 11 dargestellt sind das zentrale Steuerungsinstrument der Bedarfsplanung. Sie beschreiben das Soll-Versorgungsniveau als „Einwohnerzahl pro Arzt“ für die jeweilige Arztgruppe.
  • Entsprechend der Bedarfsplanungsreform von 2019 werden diese regelmäßig der demografischen Entwicklung angepasst. Auch wird das Versorgungsniveau pro Planungsbereich kontinuierlich anhand der jeweils aktuellen Einwohnerzahl fortgeschrieben und an die regionale Morbiditätsstruktur mittels Korrekturfaktoren angepasst.

Versorgungsgrade

Der ermittelte Versorgungsgrad ist die Grundlage dafür, ob sich in einem Planungsbereich zusätzliche Ärzte niederlassen können oder nicht. Auch ist der Versorgungsgrad die Entscheidungsgrundlage dafür, ob – und wenn ja, welche – Maßnahmen zur Sicherstellung der Versorgung ergriffen werden.

  • Unterversorgung: Unterversorgung wird als Unterschreitung des Versorgungsgrades in einem Planungsbereich unter 75% im hausärztlichen Bereich oder unter 50% im fachärztlichen Bereich definiert. Liegt eine Unterversorgung vor, sind die Kassenärztlichen Vereinigungen angehalten, Maßnahmen zur Beseitigung der Unterversorgung einzuleiten. Dies können beispielsweise bestimmte Fördermöglichkeiten sein. 
  • Drohende Unterversorgung: Der jeweilige Landesausschuss kann für eine Region eine drohende Unterversorgung aussprechen, falls zwar noch keine definitionsgemäße Unterversorgung besteht, diese jedoch beispielsweise aufgrund der Altersstruktur der dort tätigen Ärzte zukünftig zu erwarten ist. Auch damit eröffnen sich Möglichkeiten für Fördermaßnahmen. 
  • Eine reguläre Neuzulassung kann bis zu einem Versorgungsgrad von 110% in der entsprechenden Arztgruppe erfolgen.
  • Niederlassungssperre: Ab einem Versorgungsgrad von 110% ist ein Planungsbereich für Neuniederlassungen gesperrt.
  • Überversorgung: Überschreitet der Versorgungsgrad die Marke von 140% soll der Zulassungsausschuss auch der Nachbesetzung einer Praxis nicht stattgeben, falls die Praxis aus Versorgungsgründen nicht notwendiger scheint.

Nachdem in den 1980er- bis 2000er-Jahren die Bedarfsplanung einen hohen regulatorischen Effekt mit dem Ziel einer Begrenzung der Anzahl der vertragsärztlich zugelassenen Ärztinnen und Ärzte (und damit in einer vermuteten„ angebotsinduzierten Kostensteigerung im Gesundheitswesen) hatte, kommt es durch die demografische Entwicklung, welche auch vor der Vertragsärzteschaft nicht Halt macht, zu einer Umkehrung der Verhältnisse.

Demografie

Beginnend im hausärztlichen und kinderärztlichen Bereich kommen die langjährig niedergelassenen und durch die Bedarfsplanung auch vor Konkurrenz geschützten Praxisinhaber der Babyboomer-Generation ins Rentenalter. Dadurch werden innerhalb weniger Jahre bis zu 30 Prozent der jetzigen Niederlassungen frei, d.h. Nachbesetzungen notwendig um die ambulante Versorgung der Bevölkerung sicherzustellen. Es zeichnet sich ein eklatanter Mangel an potenziellen Nachfolgern ab, der mehrere Gründe hat.

Studienplätze Humanmedizin

So werden an den Universitäten und Medizinischen Hochschulen zu wenige Studierende ausgebildet um die Versorgungslücke im ambulanten (wie auch stationären!) Bereich aufzufüllen. Im Wintersemester 2021/22 standen an den36 staatlichen Hochschulen sowie an den vier privaten Hochschulen innerhalb Deutschlands 10.056 Medizinstudienplätze für Erstsemester zur Verfügung (bei 38.541 Studienplatzbewerbern). Als Reaktion auf den sich damit abzeichnenden ärztlichen Personalmangel im ambulanten und stationären Sektor fordern die Ärztekammern mindestens 6.000 zusätzliche Studienplätze pro Jahr.

Die Medizin wird weiblich

Von den insgesamt 105.275 Studierenden im Fach Humanmedizin waren rund zwei Drittel weiblich. Die neuen Generationen der Ärzte und vor allem Ärztinnen fragen andere Arbeitszeit und bevorzugt Teilzeit-Modelle nach, die die Vereinbarkeit von Familie und Beruf auch in der vertragsärztlichen Versorgung ermöglichen. Besonders initial beim Einstieg in die niedergelassene Versorgung werden Anstellungsmöglichkeiten bevorzugt.

Work-Life-Balance

Aufgrund der höheren Attraktivität der Wohn- und Lebenssituation in städtischen Ballungszentren besteht die Gefahr einer Ausdünnung in ländlichen Bereichen. Auch die individuellen Vorstellungen über die Wertigkeit von Arbeit und Freizeit, also die „Work-Life-Balance“ haben sich grundlegend geändert. Da sich die geburtenstarken Jahrgänge der Babyboomerin einem immerwährenden Konkurrenzkampf befanden, der sich von der Schule beginnend über die Berufsausbildung bis zur Berufstätigkeit hinzog, mussten sie (stark verkürzt) jede Berufstätigkeit unter allen Bedingungenannehmen. Die jetzt in das Berufsleben eintretende zahlenmäßig geringere Ärztinnengeneration hat andere Vorstellungen über das Verhältnis zwischen Zeitaufwand für Privatleben und Beruf. Auch stehen finanzielle Ziele nicht mehr an oberster Stelle. Zeit wird oft wertvoller als Geld bewertet. Gerade die „Generation Z“ sucht die Selbstverwirklichung nicht mehr nur in der Arbeit, sondern vor allem in der Freizeit und in sozialen Kontakten.

Der medizinische und pflegerische Arbeitsmarkt hat sich somit innerhalb zweier Jahrzehnte von einem Nachfrage- zu einem Angebotsmarkt geändert.

Auch das bisher im Klinikalltag gewohnte Arbeiten im Team mit der Möglichkeit des interdisziplinären Austauschs und Abstimmung lässt sich in den oft noch vorherrschenden Strukturen von Einzelpraxen nur schwer umsetzen. Es wird eine Entlastung von administrativen Tätigkeiten mit der Möglichkeit der Konzentration auf fachliche Kompetenzen gewünscht, was sich maximal konträr zu der zunehmenden Bürokratisierung auch in der niedergelassenen Versorgung verhält.

Wichtig erscheint für die aus der Klinik kommenden potenziellen Praxisnachfolger besonders die Unterstützung und das Coaching beim Übergang in die „KV-Welt“ (RLV, QZV, Praxisbudgets, Regresse, usw.). Diese Entwicklung ist nicht auf den medizinischen Bereich (Arztpraxen und Krankenhäuser) begrenzt, sondern betrifft inzwischen alle Branchen.

Die strukturellen Veränderungen erschweren es den Kassenärztlichen Vereinigungen zunehmend, dem Sicherstellungsauftrag gerecht zu werden. So wurden vielerlei Aktivitäten gestartet um schon beginnend im Medizinstudium das Interesse an einer späteren hausärztlichen Tätigkeit zu wecken, Stipendienprogramme eingerichtet und auf KV-Ebene Förderprogramme aufgelegt, die besonders in unterversorgten Bedarfsplanungsbereichen Wirkung entfalten sollen.


Dieser Beitrag ist ein Auszug aus "Das deutsche Gesundheitswesen kompakt 2024" herausgegeben von Guntram Fischer. Alle Informationen zum Titel erhalten Sie hier.


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