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3 Fragen an...

Laura Richter ist Partnerin bei McKinsey in Berlin. Sie hat Volkswirtschaftslehre in Oxford und London studiert, und einen MBA an der Harvard Business School absolviert. Laura Richter hat ihre Karriere dem Thema Digitalisierung im Gesundheitswesen gewidmet. Hier arbeitet sie unter anderem mit Digital-Health-Unternehmen und unterstützt diese bei der Strategiedefinition. 

Tobias Silberzahn ist ausgebildeter Biochemiker und Immunologe und arbeitet als Partner im Berliner Büro von McKinsey. In seiner Arbeit dreht sich alles um das Thema „Gesundheits-Innovation“: Er arbeitet europaweit mit Digital-Health-Firmen, Pharma-, Medizintechnik-Firmen und Gesundheitsministerien. 


1. Der eHealth Monitor 2021 gibt einen Überblick über den Stand der Digitalisierung des deutschen Gesundheitssystems. Welche Entwicklungen sind dieses Jahr besonders hervorzuheben? 

Die Digitalisierung des deutschen Gesundheitssystems hat im letzten Jahr an Dynamik gewonnen. Corona hat in einigen Bereichen wie ein Katalysator auf den Digitalisierungsprozess gewirkt. Allein die Nutzung von Telemedizin ist um den Faktor 900 gestiegen: In 2020 hat sich die Zahl der digitalen Sprechstunden in deutschen Arztpraxen auf fast 2,7 Millionen erhöht - von weniger als 3.000 digitalen Arzt-Patient-Gesprächen vor COVID-19 im Jahr 2019. 

Die Zahl der Downloads der Top-40-Gesundheits-Apps hat sich auf 2,4 Millionen nahezu verdoppelt. Dafür tickt das System an anderen Stellen noch weitgehend analog, insbesondere beim Datenaustausch zwischen ambulanten und stationären Einrichtungen. Die Kommunikation zwischen Arztpraxen und Krankenhäusern erfolgt zu 95% immer noch in Papierform.

2. Wird Corona für einen nachhaltigen Digitalisierungs-Boost sorgen oder wird das Gesundheitssystem nach der Pandemie in seinen bisherigen Trott zurückfallen?

Insgesamt haben sich die Rahmenbedingungen für eHealth in Deutschland weiter verbessert: Dazu beigetragen haben sieben eHealthfokussierte Gesetze, die zwischen 2019 und 2021 auf den Weg gebracht wurden. Ihre Ziele: die Verbesserung der regulatorischen Rahmenbedingungen für die Digitalisierung des Gesundheitswesens hierzulande und die Beschleunigung des Ausbaus der digitalen Infrastruktur. 

Auch bei der Nutzung von eHealth gibt es Fortschritte: Mehr als 90% der Hausarztpraxen sind nach den jüngsten Erhebungen der Kassenärztlichen Bundesvereinigung mittlerweile an die Telematikinfrastruktur angeschlossen. Jüngere niedergelassene Ärzt:innen und Psychotherapeut:innen unter 50 Jahren sowie mittelgroße bis große Praxen weisen überdurchschnittliche Anschlussraten auf. Bei den ambulanten Ärzt:innen wächst auch das Angebot an digitalen Services (+18% im Vorjahresvergleich). 

3. Im eHealth Monitor widmen Sie sich ausführlich den seit einem Jahr verfügbaren digitalen Gesundheitsanwendungen (DiGa): Wo lagen bisher die größten Hürden bei der Implementierung der „Apps auf Rezept“ in Deutschland und wo liegt – mit Blick auf andere Länder – Verbesserungspotential? 

Zu den regulatorischen Erfolgsstorys zählt sicherlich das Prüfverfahren für digitale Gesundheitsanwendungen (DiGA). Bis diesen November wurden 24 DiGA in das Verzeichnis des Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte aufgenommen. Allerdings stockt die Skalierung noch – neun DiGA, die als App-Anwendung zur Verfügung stehen, kamen seit der Zulassung bis zum 31. Juli 2021 auf insgesamt unter 200.000 Downloads. Zum Vergleich: Im Jahr 2020 wurden laut Wissenschaftlichem Institut der AOK 685 Mio. Fertigarzneimittel verordnet. 

Bei der DiGA-Skalierung spielt das Thema "digitale Gesundheitskompetenz" der Bevölkerung ein Rolle: Mehr als jeder zweite Deutsche (55%) zeigt sich zwar in Umfragen digitalen Gesundheitsangeboten gegenüber aufgeschlossen, doch es fehlt den Befragten eigenen Angaben zufolge an Information und Aufklärung über die digitalen Angebote. Auch bei Ärzten gibt es Informationsbedarf – und auch einige grundlegende Befürchtungen zur Digitalisierung. Zum Beispiel befürchtet nahezu die Hälfte der Ärzte, dass sich durch die Digitalisierung die Arzt-Patienten-Beziehung verschlechtern könnte (46%, vs. 43% im Vorjahr). 

Zusätzlich zum "DiGA-Thema" gibt es auch noch einige weitere Bereiche, bei denen Deutschland im internationalen Vergleich mehr Gas geben könnte. Beispiele sind die Fernbetreuung von Patienten, die in Großbritannien schon etabliert ist, und die integrierte Versorgung von chronischen Patienten – also die Verknüpfung von klassischen medizinischen Interventionen mit digitalen Lösungen über Sektorgrenzen hinweg. Fazit: Wir haben in Deutschland beim Thema eHealth im letzten Jahr einige Fortschritte gemacht, sind aber noch lange nicht am Ziel!

Der eHealth Monitor 2021 (herausgegeben von McKinsey & Company, Laura Richter und Tobias Silberzahn) analysiert die digitale Gesundheitsversorgung in Deutschland und zeigt Status quo und Perspektiven auf.  


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