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Das Generationen-Interview

Eine neue Generation ist dabei, das Gesundheitswesen zu transformieren: Die Generation Hashtag. Im Interview mit dem Herausgeberteam des Werkes Generation HashtagTanja Heiß, Martin Camphausen und Prof. Dr. Jochen Werner, wird deutlich, die Drei teilen zwar nicht das Geburtsjahr, doch sie eint ein gemeinsamer state-of-mind. Die Generation Hashtag räumt auf mit festgefahrenen Stereotypen.


Vor einigen Monaten weigerte sich ein Hamburger Gründer medienwirksam, VertreterInnen der Generation Z einzustellen. Diese hätten zu hohe Ansprüche an ihr Arbeitsumfeld, würden zu viel Wert auf Freizeit legen und litten zudem an fachlicher Selbstüberschätzung. Über die Generation Y existieren ähnliche Stereotype. Auf der anderen Seite gibt es im Gesundheitswesen erfolgreiche Führungskräfte unter 30 und auch in der Klimabewegung beweisen VertreterInnen der Generation Hashtag momentan Willensstärke und Engagement. Was ist nun dran an den gängigen Charaktersierungen der Generation Hashtag? Innovatives Führungspotenzial oder Drückeberger?

Tanja Heiß: Stereotype gibt es über jede Generation. Und überall gibt es genauso Drückeberger wie Workaholics. Außerdem beschwert sich seit jeher Alt über Jung und Jung über Alt. Anstatt sich hinter diesem gegenseitigen Pauschal-Bashing zu verstecken, sollten wir uns auf neue Lösungswege statt gebetsmühlenartige Totschlagargumente und Unterstellungen konzentrieren. Die kritische Begleitung des Status quo ist außerdem Aufgabe einer jeden jüngeren Generation. Wie sonst sollte Fortschritt entstehen? Wichtig ist, dass sich der Führungsanspruch ändert. Management und Leadership prallen dabei mehr und mehr als zwei Pole aufeinander. In diesem Zusammenhang braucht es kein Entweder-oder, sondern eine gesunde Mischung. Aber es braucht im volatilen und von Transformation geprägten Gesundheitswesen überhaupt erstmal Leader. Bisher gibt es fast ausschließlich Manager.

Martin Camphausen: Obwohl das Wort "Generation" darin vorkommt, sind bei der Charakterisierung der "Generation Hashtag" nicht Geburtsjahre entscheidend, sondern der Antrieb, den Wandel voranzutreiben zu wollen. Das richtige Mindset zum offenen generationsübergreifenden Dialog zählt. Vier Generationen sind derzeit parallel auf dem Arbeitsmarkt und der Generationsmix ist bei allen Arbeitgebern vorhanden. Das verlangt Arbeitgebermarken viel ab. Statt immer gleich abzustempeln, sollte mehr Akzeptanz und gegenseitiges Verständnis herrschen. Man kann immer von anderen lernen. Gleichzeitig ist es unabdingbar, dass im Gesundheitswesen endlich die Notwendigkeit von Employer Branding gesehen wird. Vor allem von Employer Branding als fundiertem strategischem Prozess, der genauso der Ansprache potenzieller Bewerber wie der Mitarbeiterbindung dient. Da gibt es viel Nachholbedarf. Führung und Führungskultur haben damit weit mehr miteinander zu tun als sich Entscheider üblicherweise verdeutlichen. Denn Mitarbeiter verlassen nicht Unternehmen, sondern Führungskräfte. Wenn Führungskräfte also sinnlose Generationenkonflikte ausfechten, statt im Sinne der Organisation einfach zuführen, dann hat das im Zweifel einen hohen Impact auf den Unternehmenserfolg.

"Aktuelle Themen der Digitalisierung werden nicht von Digital Natives diskutiert, sondern solchen, die es gerne wären.", heißt es in einem Beitrag in "Generation Hashtag". Sollten Fragen der Digitalisierung für die Generationen reserviert werden, die in einer digitalisierten Welt aufgewachsen sind und selbstverständlich mit digitalen Innovationen umgehen? Haben "die alten Hasen" ausgedient?

Prof. Jochen Werner: Gerade bei Digitalisierung und Kommunikation können wir viel von der jungen Generation lernen. Ihr Selbstverständnis für den Umgang mit modernen Medien und der Drang nach ständigem Fortschritt ist beispiellos. Ebenso ihr Drang, Missstände offen anzusprechen, Verantwortung zu übernehmen und aus einer intrinsischen Motivation heraus zu agieren. Diese Eigenschaften sind für die Transformation im Gesundheitswesen unerlässlich. Trotzdem oder gerade deswegen sollten wir den Wissenstransfer nicht vernachlässigen, denn nur eine Generation allein kann nicht erfolgreich sein.

Tanja Heiß: Es geht nicht darum, die aktuelle Managementebene zu diskreditieren. Ein generationsübergreifender Austausch kann nur gelingen, wenn er tatsächlich auf Augenhöhe stattfindet. Dafür müssen wir einerseits die Erfahrungen der jeweiligen Generationen respektieren, andererseits aber auch bereit sein, die eigene Komfortzone zu verlassen, um voneinander zu lernen. Den harten, aber sachlichen Diskurs lässt das Gesundheitswesen aktuell schmerzlich vermissen. Ein echter Wandel kann nur gelingen, wenn alle Beteiligten einbezogen werden und an einer gemeinsamen Lösungsfindung interessiert sind. Erfahrung kommt nicht von mehreren Dekaden Management, sondern von der Bereitschaft zu lernen und ständig besser werden zu wollen.

Gerade das Gesundheitswesen zeichnet sich durch seine stark hierarchisch geprägte Organisation aus. Ansätze des New Leaderships und New Works stehen dem entgegen. Hier zählen Aspekte wie eine moderne, demokratische Führungskultur, Flexibilität und eine offene Fehlerkultur. Haben Ansätze wie New Leadership und New Work im Gesundheitswesen eine Chance? Wie kann eine Transformation im Management angesichts der Spezifika des Gesundheitswesens angegangen werden?

Martin Camphausen: Wenn die alte Welt auf neue Arbeit trifft, klingt das im deutschen Gesundheitswesen erstmal seltsam, keine Frage. Die Schere entsteht aber doch nur, weil das System festgefahren und zementiert ist. Denn so muss das nicht sein. Nicht nur die Arbeitsplatzmodelle müssen flexibler werden, sondern vor allem auch die Einstellung zu New Leadership, BGM und dergleichen. Niemand sagt, dass jeder wahllos alles davon umsetzen kann und soll. Es braucht schon eine individuelle Strategie und passende Maßnahmen für jeden einzelnen Arbeitgeber. Aber man muss damit einfach mal anfangen. Betrachtet man das BGM, fällt auf: Krankenkassen bieten beispielsweise durch das Präventionsgesetz vielmehr konkrete Förderungen als sie durch Arbeitgeber abgerufen werden. Warum ist das so? Das sollte sich ändern. Und in Sachen New Leadership gilt momentan: Top-Down-Machtspiele sind im Gesundheitswesen zwar weiterhin Usus, sie sind aber nicht mehr zeitgemäß und die Akzeptanz für solches Verhalten sinkt. Die „Ich bin hier der Boss!“-Fraktion setzt auf Management und Manager, während eine neue Generation heranwächst, die stärker von Leadern geführt werden möchte und selbst auf Leadership-Prinzipien setzt.

Prof. Jochen Werner: Die Medizin steht durch die Digitalisierung vor der größten Veränderung ihrer Geschichte. Tradierte Strukturen, Abläufe und vor allem Denkweisen der klassisch organisierten Krankenhäuser werden den Herausforderungen der Zukunft schon heute nicht mehr gerecht. Die Diagnostik wird sich datenbasiert viel breiter aufstellen, ungeachtet von Fächergrenzen, sie wird wesentlich präziser und schneller. Im Zentrum des umfänglichen Veränderungsprozesses des Gesundheitssystems steht die Klinik von morgen, das Smart Hospital. Es ist von Kooperation getragen, intra- und interprofessionell. Das muss es auch sein,um die Herausforderungen zu Chancen zu machen. New Work und New Leadership sind wichtige Bausteine, damit dieser Weg gelingen kann.

Zum Abschluss: Was wollen Sie den VertreterInnen anderer Generationen mit auf den Weg geben? Welche Wünsche haben Sie für eine gelungene generationsübergreifende Zusammenarbeit?

Tanja Heiß: Es muss endlich Schluss sein mit der German Angst. Ich wünsche mir vor allem Haltung. Eine klare Positionierung zu Werten und Zielen. Und dass wir schneller vom Reden ins Handeln kommen. Was das deutsche Gesundheitswesen braucht ist Mut. Mut, Entscheidungen zu treffen. Und Mut, die Verantwortung für die Ergebnisse zu tragen.

Martin Camphausen: Alle Generationen müssen aufeinander zugehen, sich zuhören und Ideen und Konzepte nach Inhalten bewerten, nicht nach Alter desjenigen, der sie äußert. Für diesen Weg kommt es auf einen Dreiklang an: Inhalte statt Phrasen, Diskurs statt Schablone und Revolution statt Stagnation. Das möchten wir mit diesem Werk verkörpern.



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