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Zukunftspotenziale der Blockchain-Technologie

CHRISTOPH MEINEL, TATIANA GAYVORONSKAYA, ALEXANDER MÜHLE

Die Geschwindigkeit mit welcher sich die Blockchain-Technologie entwickelt und verbreitet ist erstaunlich. Derzeit dürfte es wohl keinen Einsatzbereich mit dezentraler Infrastruktur geben, in dem noch keine Blockchain-Einführung versucht wurde. Finanzwesen, Medizin, Identitätsmanagement, Logistik, Energieversorgung– diese und viele weitere Bereiche sind Nutznießer. Zahlreiche Unternehmen experimentieren längst mit dieser Technologie und bieten diverse Blockchain-basierte Lösungen und Services. Der Einsatz der Blockchain-Technologie im medizinischen Bereich bietet mehr als bloß eine digitalisierte Patientenakte oder ein Blockchain-basiertes medizinisches Register. Bevor wir uns mit den sinnvollen Anwendungsfällen der Blockchain-Technologie im Gesundheitswesen beschäftigen, soll die Technologie allgemein genauer betrachtet werden.

Etymologie

Ein von Dritten unabhängiges, digitales Zahlungssystem zu entwickeln und das Finanzwesen damit zu revolutionieren, war einst die Motivation des Bitcoin-Erfinders Satoshi Nakamoto. Die Begriffe Bitcoin und Blockchain werden heute oft als Synonyme angesehen. Dabei ist es wichtig, zwischen Blockchain, der Technologie,und Bitcoin, dem System, welches die Technologie für die digitale Zahlungsabwicklung verwendet, zu unterscheiden. Die Blockchain-Technologie ist Grundlage des Bitcoin-Systems und wurde in dessen Rahmen entwickelt. Der Begriff Blockchain hat sich erst herausgebildet, nachdem neue Bitcoin-ähnliche Projekte entstanden und eine Abtrennung zum bereits bestehenden Bitcoin-System benötigt wurde. In späteren Jahren haben sich weitere Begriffe gefunden, wie „Distributed Ledger Technology“, welche sich auf den meist verbreiteten Anwendungsfall der Blockchain-Technologie bezieht – das sog. „verteilte Rechnungsbuch“.

Blockchain-Technologie als Allzweckwaffe?

Die Implementierung des Bitcoin-Konzepts ist Open Source. So kann jeder den Code für eigene Blockchain-Anwendungen verwenden und entsprechend anpassen. Dies hat sicher zu der Vielzahl von Ablegern und rapiden Entwicklung neuer Konzepte beigetragen. Durch den aktuellen Hype sehen viele die Blockchain-Technologie als eine Allzweckwaffe, die nur den IT-Spezialisten zugänglich ist. Dabei liegt die Innovation der Blockchain-Technologie in ihrer erfolgreichen Kombination bereits vorhandener Ansätze: dezentrale Netzwerke, Kryptografie, Konsensfindungsmodelle. Durch dieses innovative Konzept wird ein Werteaustausch in einem dezentralen System möglich. Dabei wird kein Vertrauen zwischen den Parteien, die in den Austausch involviert sind, vorausgesetzt.

Das große Interesse vieler Unternehmen und Entwickler an der Blockchain hat zahlreiche Implementierungsversuche dieser Technologie für unterschiedliche Anwendungszwecke zur Folge gehabt. So wird deren Einsatz nicht nur auf den Bereich Kryptowährungen begrenzt, sondern die Technologie wird vielmehr als eine programmierbare dezentrale Vertrauensinfrastruktur genutzt (von Haller Gronbaek 2016). Dies wird oft als Blockchain 2.0 bezeichnet. Dahinter steht eine Weiterentwicklung des ursprünglichen Konzepts der Blockchain-Technologie, bis hin zu sogenannten Smart Contracts. Dabei ist ein flexiblerer Werteaustausch anhand programmierter Bedingungen möglich.

Neben einer Kryptowährung können die Werte aber auch einen Besitz (etwa ein gemietetes Apartment, das seine Mieter wechselt) oder ein bestimmtes Ereignis (z.B. eine Berechtigung, eine Bürotür aufzuschließen) darstellen, welche unveränderbar und unwiderruflich in die Blockchain-Historie aufgenommen werden. Da viele dieser Daten Werte darstellen, wird die Blockchain-Technologie manchmal auch als „Internet der Werte“ bzw. engl. „Internet of Values“ bezeichnet.

Die Liste aller Dateneinträge bzw. Transaktionen, die jemals vom jeweiligen System (z.B. Bitcoin) erfasst wurden und die ihrerseits in Blöcke bestimmter Größe aufgeteilt sind (z.B. in Bitcoin sind es zwischen 900 und 2.500 Transaktionen pro Block), bilden die sogenannte Blockchain. Die Blöcke bilden eine Kette, sodass jeder folgende Block einen kryptografischen Verweis auf den vorigen Block trägt. Die bereits in die Blockchain erfassten Daten können nicht mehr widerrufen oder geändert werden.

Eine der wichtigen Stärken der Blockchain-Technologie ist ihre Architektur. Sie stellt den zahlreichen Nutzern ein dezentrales, selbstorganisiertes, sicheres und transparentes System zur Verfügung. Die Blockchain wird also nicht zentral auf einem Server gespeichert, verwaltet und anschließend an alle Nutzer verteilt. Vielmehr speichert und verwaltet jeder Nutzer die Blockchain gemäß den im System festgelegten Regeln ohne Beteiligung von Dritten. Aktualisiert wird die Blockchain ebenfalls nach festgelegten Regeln durch den ständigen Datenaustausch zwischen den Nutzern. Die Nutzer werden dabei auch Full Nodes genannt. Sie speichern die komplette Blockchain mit allen Blockinhalten lokal (z.B. auf ihrem Computer) und sind vollständig in ihre Verifizierung involviert (d.h. alle Blöcke und deren Inhalte werden anhand der im System festgelegten Regeln verifiziert).

Vertrauen oder Nakamoto-Konsens

Eine Herausforderung dabei ist es, ohne eine vertrauenswürdige zentrale Instanz die den Informationsfluss steuert und sichert, eine Einigkeit (Konsens) über die „Richtigkeit“ des Systems zwischen den gleichberechtigten Systemnutzern, die einander nicht kennen und einander nicht vertrauen, zu erreichen.

Die Richtigkeit der auszutauschenden Daten kann von jedem Nutzer entsprechend der im System festgelegten Regeln verifiziert werden, z.B. dass ein bestimmter Wert nicht bereits jemand anderem gehört. Dabei verlässt man sich darauf, dass die Informationen, die bereits in der Blockchain sind, „richtig“ sind. Wenn aber einige Nutzer bösartig sind und falsche Informationen im Netzwerk verteilen und das System damit manipulieren, wird ein Vertrauen in das System vorausgesetzt. Anders formuliert: man hofft darauf, dass die Mehrheit der Nutzer „ehrlich“ ist.

Bereits in der 80er-Jahren wurde die Problematik der Konsensfindung in einem dezentralen Netzwerk von Leslie Lamport, Robert Shostak und Marshall Pease (1982) beschrieben und wurde als „Problem der byzantinischen Generäle“ bekannt. Entscheidend ist die Anzahl der böswilligen Nutzer im Vergleich zu den ehrlichen Nutzern. Je mehr böswillige Nutzer ein dezentrales System tolerieren kann, desto robuster ist die Lösung. Historisch sind solche Lösungen mit zahlreichen Bedingungen verknüpft, z.B. ob die Anzahl der Systemnutzer und/oder ihre Identitäten allgemein bekannt sind. Dies wäre für reale dezentrale Netzwerke sehr ineffizient bis unmöglich (z.B. Internet).

Der in der Blockchain-Technologie verankerte und zum ersten Mal im Bitcoin-System angewendete Nakamoto-Konsens-Mechanismus funktioniert auch in Netzwerken ohne jeglichen Bedingungen für die Systemnutzerzahl oder deren Identifizierung. Die Nutzer sind frei, dem Netzwerk beizutreten oder dieses zu verlassen. Tatsächlich ist das Protokoll von Nakamoto explizit dafür ausgelegt, in einem Netzwerk mit Nachrichtenverzögerungen zu arbeiten, und wird auch in so einem Netzwerk (im Internet) ausgeführt (Pass et al. 2017).

Längste Kette

Wenn man die bestimmten Implementierungen der Blockchain-Technologie abstrahiert, dann kann man behaupten, dass alle Nutzer in einem Blockchain-basierten System gleichberechtigt sind und die Blockchain, durch das Hinzufügen neuer Blöcke in die Kette, fortschreiben dürfen. Als Motivation erhalten die Nutzer dafür eine Belohnung.

Da es zwischen den Nutzern keine Absprachen über die Daten gibt, die in die Blockchain aufgenommen werden, stellt sich die Frage, wie die Reihenfolge der Einträge bestimmt wird. Es kann dazu kommen, dass zum gleichen Zeitpunkt mehrere Nutzer einen neuen Block an die Blockchain anhängen wollen. Wenn diese Blöcke allen Regeln entsprechen und sich auf den gleichen letzten Block in der Kette beziehen, kann es zu einer Verzweigung der Kette kommen, auch „Fork“ genannt. Das Problem dabei ist, dass in den beiden Zweigen widersprüchliche Informationen aufgenommen werden können, z.B. in Kryptowährungen kann das gleiche Geld an zwei unterschiedliche Empfänger übermittelt werden.

Das heißt, dass die Nutzer über die Reihenfolge der Einträge zu einem Konsens kommen müssen. Der entsprechende Algorithmus, der auch ein Teil des Nakamoto-Konsenses ist, ist gleichzeitig die wichtigste Regel in einem Blockchain-basierten System: „Die längste Kette ist gültig“. 

Durch die Latenz des Netzwerks verbreiten sich die Blöcke verschieden schnell. Wenn mehrere Nutzer ihre Blöcke simultan im Netz verteilen, wird sich nach einiger Zeit trotzdem nur eine einzige Kette durchsetzen.

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Stärken und Herausforderungen der Blockchain-Technologie

Jede Technologie offenbart sich erst in Bezug auf ein bestimmtes Einsatzfeld als vorteilhaft oder nachteilig. Gleichermaßen trifft dies auf die Blockchain-Technologie zu. Stärken wie Transparenz oder Selbstverwaltung und -organisation können in bestimmten Fällen eher eine negative Auswirkung haben und die bereits vorhandenen Herausforderungen der Blockchain-Technologie können in bestimmten Anwendungsfällen nicht akzeptiert werden.

Aktuell versuchen viele Forscher und Entwickler, bestehende Prozesse in der Blockchain-Technologie effizienter und sicherer zu gestalten. Das große Interesse an der Blockchain-Technologie führt zu deren rasanter Entwicklung. Zum Beispiel die Herausforderung der Skalierbarkeit eines Blockchain-basierten Systems kann mittlerweile durch neue Methoden/Techniken zum Teil gelöst werden. Die Skalierbarkeit gehört zu der wichtigen Eigenschaft dezentraler Netzwerke. Diese zeigt an, wie die Leistung bei der Größenveränderung des Systems variiert und ob das System verlustfrei wachsen kann. Im Folgenden wird das Skalierbarkeitsproblem der Blockchain-Technologie aus zwei Perspektiven betrachtet: der Transaktionsdurchsatz und der Speicherkapazität.

Transaktionsdurchsatz

Der Transaktionsdurchsatz unterscheidet sich je nach Implementierung. Im Ethereum-System sind das im September 2018 ca. 15 Transaktionen pro Sekunde und in Bitcoin ca. 7. Im Vergleich dazu bietet Visa einen deutlich höheren Transaktionsdurchsatz und zwar 2000 Transaktionen pro Sekunde (Croman et al. 2016). Indem wissenschaftlichen Artikel „On scaling decentralized blockchains“ stellen sich die Autoren die Frage, ob die dezentralen Blockchain-basierten Systeme genauso skaliert werden können wie die Mainstream-Zahlungssysteme. Eine der ersten Möglichkeiten dafür wäre die Änderung der Blockgröße (z.B. im Bitcoin-System 1 MB und in Ethereum ca. 25 kB [Stand: September 2018]) und der Blockzeit (wie schnell die Transaktionen bestätigt werden, oder genauer gesagt in einen gültigen Block aufgenommen werden). Weitere Skalierungsmöglichkeiten sind abhängig von der Implementierung der Technologie sinnvoll, wie Offline-Transaktionen mit dem Einsatz von Lightning Networks oder zum Beispiel Sharding.

Speicherkapazität

Da alle jemals im System getätigten Transaktionen aufgezeichnet werden, wächst die Größe der Blockchain stetig weiter. Die Größe der Bitcoin-Blockchain betrug im Dezember 2017 147 GB und im September 2018 bereits ca. 36 GB mehr. Da es ursprünglich hieß, dass alle Nutzer gleichberechtigt sind, jeder von ihnen speichert und verifiziert die ganze Blockchain, kam es zudem Problem, dass nicht jeder Nutzer über genügend Ressourcen für das Speichern und Verifizieren verfügen kann. Aus diesem Grund kam es zu neuen Nutzertypen. Zum Beispiel wird im Bitcoin-System zwischen einem vollständigen Nutzer (Full Node) und einem leichtgewichtigen Nutzer (Lightweight Node, Thin Client oder seltener Simplified Payment Verification [SPV] Node) unterschieden. Ein vollständiger Nutzer ist dem bisherigen Nutzer gleich und speichert sowie verifiziert die komplette Blockchain. Im Gegenteil dazu speichert ein leichtgewichtiger Nutzer nur den Block-Header mit den Metadaten, somit nur einen Teil der Blockchain. Sie bauen eine Verbindung zu den vollständigen Nutzern auf, um Informationen zu erhalten, die nur ihre Transaktionen betreffen. Im Ethereum-System wurden weitere Unterscheidungen getroffen und daraus wurden mehr Nutzertypen definiert:

  • Light Node 
  • Super Full Node
  • Top Level Node 
  • Single Shared Node

Da die leichtgewichtigen Nutzer keine Blockinhalte (Transaktionen) speichern, müssen sie den vollständigen Nutzern Vertrauen entgegenbringen, dass die Blöcke und Transaktionen regelkonform erstellt sind und diese keine doppelten Ausgaben enthalten. Das heißt, dass die Sicherheit des Systems von den vollständigen Nutzern abhängt.

Für Systeme mit höherem Datenaufkommen, z.B. Cloud-Speicher und Identitätsmanagement, oder für Systeme mit geringerer Speicher- und Rechenkapazität, z.B. Internet der Dinge (IoT), besteht die Möglichkeit, die Blockchain nur zur Protokollierung der Änderungen im System(Logs) einzusetzen (Meinel et al. 2018).

In einer Konsortium- oder privaten Blockchain (Private Blockchain) kann die Rolle der vollständigen Nutzer vom Unternehmen übernommen werden. Die Kunden haben dann nur leichtgewichtige Nutzerapplikationen. Somit kann auch das Problem der Sicherheit und Skalierbarkeit gelöst werden. Allerdings bleibt das System dabei nicht mehr komplett dezentral (Meinel et al. 2018).

Einsatzmöglichkeiten

Nach den Möglichkeiten und Herausforderun-gen der Blockchain-Technologie zu urteilen, lassen sich aktuelle Anwendungsbereiche der Blockchain-Technologie im Gesundheitswesen, so wie auch in anderen Einsatzbereichen, nachdem Einsatzziel in drei Kategorien zusammenfassen:

  • Protokollierung,
  • verteilte Datenbanken
  •  und Intelligenter Vertrag (Smart Contract).

Dabei impliziert jede folgende Kategorie die vorherigen. D.h. in manchen Anwendungsfällen wird die Blockchain-Technologie ausschließlich für Protokollierung eingesetzt. Wenn aber die Technologie für eine verteilte Datenbank eingesetzt wird, ist die Funktion der Protokollierung ebenfalls dabei. Im Rahmen eines intelligenten Vertrages (Smart Contract) sind die Protokollierungsfunktion sowie die Funktion einer verteilten Datenbank gegeben.

Die Nachverfolgbarkeit aller Einträge im System und deren Fälschungssicherheit macht die Blockchain-Technologie besonders attraktiv für die Protokollierung von Daten. Das bietet zum Beispiel eine Grundlage für medizinische Register, wie Transplantationsregister oder Register für epidemiologische Forschung. Transparente Medikamenten-Lieferketten sind ebenfalls mithilfe der Blockchain-Technologie realisierbar. Wenn die zu transportierenden Medikamente mit IoT-Geräten ausgestattet werden, können die über Sensoren erfassten Daten zu Lager- und Transportbedingungen direkt in die Blockchain protokolliert werden.

Zudem erlaubt die Blockchain-Technologie einen sicheren, dezentralen und transparenten Daten- oder Werteaustausch zwischen den zahlreichen Nutzern ohne dass ein vertrauenswürdiger Mittelsmann benötigt wird. Das heißt, dass die zu protokollierenden Daten von mehreren Parteien in die Blockchain geschrieben sowie aus der Blockchain gelesen werden können. Die Verteilung der Blockchain auf viele voneinander unabhängige Rechner sichert gegen einen Systemausfall oder Datenverlust ab.

Denken wir an unser Beispiel mit einer transparenten Medikamenten-Lieferkette zurück und schauen uns den Wertschöpfungsprozess eines verschreibungspflichtigen Medikamentes an. Neben der Protokollierung des ganzen Wertschöpfungsprozesses wird ein Zugang zu den protokollierten Daten für mehrere Nutznießer erlaubt. Von Hersteller bis Apotheker oder Patient kann der Vorgang transparent jedem der Beteiligten sichtbar gemacht werden. Um Datenschutz nicht außer Acht zu lassen, können in der Blockchain nur kryptografische Fingerabdrücke der Daten, sog. Hashes, protokolliert werden, wobei die eigentlichen Daten zum Beispiel verteilt auf mehreren Servern (CloudRAID bietet z.B. eine passende Inf-rastruktur dafür) gespeichert werden.

Die Hashfunktion wandelt eine Menge von Daten unterschiedlicher Länge in einen alpha-numerischen Wert fester Länge um, also eine hexadezimale Zeichenkette. Der Hashwert besteht dann aus einer Zahlen- und Buchstabenkombination zwischen 0 und 9 sowie A bis F (als Ersatz für die Zahlen 10 bis 15). Hashfunktionen zählt man zu den Einwegfunktionen, d.h. die mathematische Berechnung ist in eine Richtung einfach, in die Rückrichtung aber sehr schwer oder unmöglich. Aus dem ermittelten Hashwert kann man nicht einfach auf die ursprünglichen Daten kommen. Dieses Verfahren erlaubt es, eine Nachricht eindeutig und relativ einfach zu identifizieren, ohne den Inhalt der Nachricht zu offenbaren. Aus diesem Grund wird der Hashwert oft der Fingerprint genannt (Meinel et al. 2018). Wenn der Arzt nachprüfen möchte, ob das Medikament tatsächlich in dem von ihm angeordneten Maß an den Patient ausgegeben wurde, vergleicht er die Klartextdaten mit den Hashwerten in der Blockchain.

Ein weiteres Beispiel, das die Einsatzkategorien Protokollierung und verteilte Datenbank vereint, ist die Blockchain-basierte elektronische Patientenakte. Viele Unternehmen und Organisationen gehen dabei weiter und setzen auf ein Patientenzentriertes Datenmanagement. Das heißt, dass die Patienten die Hoheit über ihre Daten übernehmen und entscheiden können, wer und für wie lange einen Zugriff auf ihre Daten haben darf. Die anonymisierten Daten können ebenfalls für Forschungszwecke veröffentlicht werden oder monetariesiert werden durch eine Weitergabe an Dritte.

Eine weitere Einsatzmöglichkeit der Blockchain-Technologie ist der Smart Contract, der alle Vorteile der Blockchain-Technologie vereint. Der Schwerpunkt liegt hierbei insbesondere auf dezentraler Selbstorganisation eines Blockchain-basierten Systems sowie dem komplexen Werteaustausch mit vordefinierten Bedingungen. Rückblickend auf unser Beispiel mit der Blockchain-basierten Wertschöpfungskette eines verschreibungspflichtigen Medikamentes stellen wir uns vor, dass ein automatisierter Vorgang gestartet werden muss, der ausgelöst wird wenn das Medikament an den Patienten ausgegeben wird. In dem Moment soll der digitale Wert (digitaler Token), der das Medikament in dem vorgegebenen Maß digital darstellt, vernichtet oder für immer blockiert werden, gleichzeitig können vertragliche Bedingungen wie Bezahlung des Lieferanten bei erfolgreicher Zustellung ausgelöst werden. Durch den Einsatz von Smart Contracts ist garantiert, dass die Zahlung nach Erfüllen der Bedingung, wie dem Scannendes Medikaments durch den Apotheker, erfolgt.

Ein weiteres Beispiel wäre, wenn ein Sensor eines IoT-Geräts, der zusammen mit einem sensiblen Medikament mit einem Schiff von Indien nach Europa verschickt wird, höhere als für dieses Medikament vorgegebene Grenzwerte misst und diese in die Blockchain schreibt. In dem Fall soll ein automatisierter Vorgang gestartet werden (der weitere Verkauf des Medikaments wird z.B. blockiert und gleichzeitig wird eine neue Bestellung ausgelöst).

Aktuelle Projekte: Hype oder nachhaltige Lösung?

Durch zahlreiche Implementierungen und die breite Forschung im Blockchain-Bereich sowie eine immer stärker wachsende Community entwickelt sich die Blockchain-Technologie mit rasanter Geschwindigkeit weiter und erobert immer weitere Einsatzgebiete. Wissenschaft, Medizin, Identitätsmanagement, Cloud-Computing und -Storage, Internet of Things und weitere Bereiche sind bereits die Nutznießer.

Der Einsatz der Blockchain-Technologie ist jedoch im Vergleich zu bereits etablierten technischen Lösungen nicht immer sinnvoll. Das Ziel und der Mehrwert, welche dadurch letztlich erreicht werden sollen, müssen deutlich definiert werden. Dabei sind sowohl die Möglichkeiten als auch die Grenzen der Blockchain-Technologie zu beachten.

Dezentraler und sicherer Werteaustausch sowie eine dezentrale Vertrauensinfrastruktur sind aktuell die erfolgreichsten Anwendungsfälle. Zum Beispiel P2P-Online-Handel, Kryptowährungen, Vertragsmanagement (z.B. Buchung und Vermietung von privaten Unterkünften sowie Vermietung von Autos und Fahrrädern), unterschiedliche Informationsregister, Auditprozess, Internet der Dinge u.v.m. Identitätsmanagement ist dabei ein Querschnittsgebiet und ist in diversen Bereichen präsent. In traditionellen Identitätsmanagementsystemen werden digitale Identitäten und die dazugehörigen Attribute von einem Identitätsanbieter ausgestellt welcher als vertrauenswürdiger Dritter agiert. Durch Blockchain-Technologie kann eine selbstbestimmte Identität ermöglicht werden, welche unabhängig von Identitätsanbietern existieren kann. Dies steht im Kontrast zum momentanen Ökosystem, welches von wenigen großen Identitätsanbietern wie Facebook oder Google dominiert wird. Die Nutzer erhalten dabei die Hoheit über ihre Daten und können selbst entscheiden für wen und für welche Zwecke (bspw. Forschung) zugänglich sein sollen. Der Anwendungsfall stellt ein wichtiges Querschnittsthema dar und ist im Bereich des Gesundheitswesens ebenfalls sehr sinnvoll.

Dadurch, dass die Blockchain-Technologie noch relativ jung ist und sich schnell entwickelt, fehlen ihr noch einheitliche Standards, an die sich alle Entwickler halten können. Aktuell orientieren sich Entwickler an Bitcoin-, Ethereum- und Hyperledger-Systemen; diese dienen als Grundlage für viele weitere Blockchain-Anwendungen. Durch fehlende einheitliche Standards kann auch keine Interoperabilität zwischen den unterschiedlichen Blockchain-Anwendungen gewährleistet werden (Panetta 2017). Große Unternehmen sowie Start-ups schließen sich seit einiger Zeit zu Gemeinschaften zusammen, um für die Verbesserung der Blockchain-Technologie und die Weiterentwicklung der Standards zu sorgen (Meinel et al. 2018). So entwickelt sich ein stetig wachsendes Ökosystem, das viele innovative Einsatzmöglichkeiten für die Blockchain-Technologie hervorbringen wird.

Im Bereich der Medizin stehen viele Möglichkeiten zur Verfügung, zahlreiche Prozesse mithilfe der Blockchain-Technologie digital sicher und immer erreichbar zu machen ohne dafür einen Vermittler in Betracht zu ziehen. Eine Vielzahl der Anwendungsfälle, von einem transparenten und gegen Manipulationen sicheren medizinischen Register bis zu einem komplexen Vertrags- und Patientenmanagement, kann in der Zukunft mit der Blockchain-Technologie transparenter, sicherer und effizienter gemacht werden. Dafür benötigt es jedoch die Zusammenarbeit zwischen unterschiedlichen Akteuren, wie Politik, Ministerien, Ärzte, Krankenkassen und Patienten. Nur dann besteht die Chance, dass die Blockchain kein Hype bleibt, sondern eine übergreifende und nachhaltige Technologie auch für den Medizinbereich wird.

Literatur: 

  • Biryukov A, Khovratovich D, Pustogarov I (2014) Deanonymisation of clients in Bitcoin P2P network. In: Proceedings of the 2014 ACM SIGSAC Conference on Computer and Communications Security. 15–29. ACM
  • Croman K, Decker C, Eyal I, Gencer AE, Juels A, Kosba A et al. (2016) On scaling decentralized blockchains. In: International Confer-ence on Financial Cryptography and Data Security, 106–125. Springer Berlin/Heidelberg/New York
  • Haller Gronbaek von M (2016) Blockchain 2.0. Smart contracts and challenges. URL: https://www.twobirds.com/en/news/articles/2016/uk/blockchain-2-0-smart-contracts-and-challenges (abgerufen am 10.01.2019)
  • Lamport L, Shostak R, Pease M (1982) The Byzantine general problem. ACM Transactions on Programming Languages and Sys-tems (TOPLAS) 4(3), 382–401
  • Meinel C, Gayvoronskaya T, Schnjakin M (2018) Blockchain: Hype oder Innovation. Universitätsverlag Potsdam 
  • Panetta K (2017) Top 10 Mistakes in Enterprise Blockchain Projects. URL: https://www.gartner.com/smarterwithgartner/top-10-mistakes-in-enterprise-blockchain-projects/ (abgerufen am 10.01.2019)
  • Pass R, Seeman L, Shelat A (2017) Analysis of the Blockchain Protocol in Asynchronous Networks. Annual International Confer-ence on the Theory and Applications of Cryptographic Techniques. Springer Cham
Auszug aus Die Zukunftspotenziale der Blockchain-Technologie" in Die Zukunft der Medizin


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